Musik ist Klasse - Jedem Kind ein Instrument in Rostock und Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Inhalte, Organisation, Bedingungen, Erfahrungen, Probleme
über das JeKi-Projekt in den Rostocker Grundschulen "Ostseekinder"/Dierkow und GS Gehlsdorf
notiert von Manja Lange
Neue Musikschule Carl Orff
JeKi - Jedem Kind ein Instrument - Ein Projekt der "Bildungslandschaften in der Hansestadt Rostock"
Ende November 2009 begann das o. g. Projekt in der Grundschule Gehlsdorf und der Grundschule "Ostseekinder" in Dierkow.
Die beiden Grundschulen wurden mit Instrumenten des Orff-Instrumentariums ausgestattet und der Unterricht erfolgte mit Inhalten der Elementaren Musikpädagogik, kurz EMP genannt. Die spezifische Methodik des EMP-Unterrichts ermöglichte es auf die unterschiedlichen Vorkenntnisse, soziale Kompetenzen und psychische Bedürfnisse individuell einzugehen. Diese Herangehensweise ist von tragender Bedeutung, da sich das Rostocker JeKi-Projekt vorrangig an Kinder aus sozial schwachen Familien richtet.
Die Unterrichtsgestaltung sollte ursprünglich im Tandem erfolgen, wurde aber in beiden Schulen erweitert, so dass der Unterricht mit jeweils drei Kollegen durchgeführt wird. So konnte in Gehlsdorf Stefan Neumann als Referendar zusätzlich gewonnen werden. In Dierkow stellte die Neue Musikschule Carl Orff bis zum Sommer 2010 Manja Lange als Schwangerschaftsvertretung für Sandra Renatus, Lehrerin an der Grundschule in Dierkow, ein. Claudia Heiden, Flötenlehrerin für JeKi 2, gestaltete das aktuelle JeKi-1-Jahr kostenfrei und sehr engagiert mit.
Trotz der gleichzeitig stattfindenden umfangreichen Schulsanierungsarbeiten
konnte das JeKi-Projekt erfolgreich in Gehlsdorf starten. In Dierkow fanden die
JeKi-1-Schüler ihren wöchentlichen Unterrichtsplatz in der Aula der Schule.
Zu einem festen Bestandteil des JeKi-Unterrichts in Dierkow wurde der Projekttag
in der Neuen Musikschule Carl Orff e. V. Jeweils einen Vormittag entdeckten die
Kinder gemeinsam mit Pädagogen der Musikschule und Studenten der HMT Rostock neue
musikalische Welten.
Im Frühjahr 2010 lernten die JeKi-Schüler im Rahmen der EMP vorbereitend auf das
zweite JeKi-Jahr folgende Instrumente kennen: Blockflöte, Klavier, Gitarre,
Schlagwerk, Violine.
In Kleingruppen von 4 bis 5 Schülern begann das zweite JeKi-Jahr im August 2010.
Aufgrund zahlreicher organisatorischer und logistischer Probleme konnte der
Unterricht mit Instrumenten erst am 22.09.2010 beginnen.
Entsprechend der Bedingungen entwickelten die Instrumentallehrer eine Unterrichtsform
und Unterrichtsmaterialien, die an die Ressourcen der Kinder anknüpfen. Auch die
Lehrer erweiterten ihren persönlichen Erfahrungsbereich und somit das Spektrum
ihrer methodischen Handlungsmittel. Trotzdem ergaben sich Probleme, deren Lösung
einen immensen Zeitaufwand und großes Engagement erforderte und immer noch erfordert.
Aus diesem Grund wurde Manja Lange als JeKi-Koordinatorin seitens der Neuen
Musikschule Carl Orff beauftragt, die organisatorischen, logistischen und
inhaltlichen Probleme zwischen Schule, Schülern und Eltern, Verein und Stadtverwaltung
zu klären. Das Honorar stellt momentan die Neue Musikschule Carl Orff zu Verfügung,
aber die finanziellen Mittel seitens der Musikschule sind nicht kostendeckend.
Darüber hinaus arbeitet Manja Lange ca. 6 Stunden unentgeltlich für das JeKi-Projekt.
Für die Kinder waren die erwarteten und unerwarteten Anlaufschwierigkeiten des
JeKi-Projekts natürlich nicht wahrnehmbar. Dank des überdurchschnittlichen
Engagements der Lehrer der Grundschulen und der NMS "Carl Orff" öffneten sich für
die Schüler ganz neue Erfahrungsräume. Die angebotenen Möglichkeiten nahmen sie
begeistert an. Unterschiedliche Interessen konnten dank des pädagogischen Konzeptes
gut bedient werden.
Für die einen waren die neuen Lieder aus aller Welt spannend, viele Jungs
begeisterten sich für das Spiel auf Perkussion-Instrumenten. Über verschiedenste
Bewegungs- und Tanzspiele erweiterten die Kinder ihre motorischen Fähigkeiten und
lernten, dass die Welt aus Klängen besteht - der Raum ebenso wie der eigene Körper
genutzt werden können, um Rhythmus zu gestalten oder den Rhythmus der Welt einmal
still wahrzunehmen.
Die Puppen Lasse und Lotta leiteten in neue Themenkomplexe über und dienten als
Identifikationsfigur für emotionale Probleme. Kindgerechte Begrüßung- und
Schlussrituale gaben jeder JeKi-Stunde eine Struktur.
Auch der Unterricht am Instrument erfolgte spielerisch und ideenreich. Nicht jedes
Kind schaffte den Sprung vom Unterricht zum häuslichen Üben, manchmal musste ein
eher musiktherapeutischer Ansatz gewählt werden, um dem Schüler zu helfen, die
eigenen Möglichkeiten überhaupt wahrzunehmen.
In der Klaviergruppe unterstützt Manja Lange ab März 2011 den Klavierunterricht,
die Gitarrengruppe arbeitet von Beginn an mit zwei Pädagogen und die Violinengruppe
wird geteilt. Diese zwingend notwendigen Maßnahmen bringen eine höhere Qualität
in den Instrumentalunterricht und den Kindern mehr Erfolgserlebnisse, die zum
Weitermusizieren motivieren.
Am Ende des zweiten JeKi-Jahres wird für besonders interessierte Kinder das Ziel,
den Sprung aufs Musikgymnasium in Dierkow zu schaffen, nicht nur formuliert,
sondern es werden Fördermöglichkeiten geplant, die dieses Ziel in die Realität
umsetzen helfen.
Im Februar 2011 fand ein JeKi-Lehrertreffen mit allen praktizierenden Pädagogen des ersten und zweiten JeKi-Jahres in der HMT Rostock statt. Prof. Oliver Krämer hatte zu einem ersten Erfahrungsaustausch nach anderthalb Jahren JeKi 1 und einem halben Jahr JeKi 2 geladen. Franziska Pfaff entwickelte dazu Fragebögen, die die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der bisherigen JeKi-Arbeit zusammenfassen sollten. Eine Auswertung der Fragebögen erfolgte von Manja Lange. Die Inhalte sind dem Anhang am Ende des Artikels zu entnehmen. Ein erneuter Austausch über die gesamten zwei JeKi-Jahre zum Thema "2 Jahre JeKi in Rostock - Erfahrungen und Konsequenzen" ist geplant.
In Gehlsdorf haben im Jahr 2009 zwanzig Schüler das JeKi-Projekt begonnen und
neunzehn sind bis zum Schuljahresende 2011 dabei geblieben.
In Dierkow haben von ebenfalls zwanzig Kindern fünfzehn das Projekt bis zum
Schuljahresende 2011 absolviert. Die Gründe des Aussteigens sind vielfältig
und reichen von neuer Prioritätensetzung bis hin zu psychischen Problemen, die im
Rahmen des JeKi-Unterrichts nicht bearbeitet werden können.
Zusammenfassend muss aber gesagt werden, dass von vierzig Kindern vierunddreißig
für Musik gewonnen werden konnten, Möglichkeiten und Ressourcen entdeckt wurden,
die ohne JeKi vielleicht nicht genutzt werden würden. Ungefähr 10 Kinder haben
signalisiert, weitermachen zu wollen.
Folgende Aspekte sollten für die Weiterarbeit im JeKi-Projekt basierend auf die gemachten Erfahrungen in Betracht gezogen werden:
Nach zwei Jahren Umsetzung und einem großen Erfahrungsgewinn für alle in der Praxis unterrichtenden Pädagogen aber auch für die begeleitenden Arbeitsgruppen sollte der Erfolg des JeKi-Projektes bei allen unverkennbar sein. Über die weitere Notwendigkeit des JeKi-Projektes muss deshalb in keinerlei Hinsicht nachgedacht werden.
Rostock, 03.Juni.2011
Franziska Pfaff, Schulleiterin
Manja Lange, JeKi-Koordination